„Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.“
Galater 4,4-5
Liebe Gemeindeglieder,
liebe Leserinnen und Leser,
Advent ist die Zeit des Wartens. Des Wartens, wie vor einer Tür, die nur von innen aufgeht, dann, wenn die Zeit gekommen ist. Die Kinder können es kaum aushalten am Heiligabend. Von drinnen scheint schon das Kerzenlicht durch. Weihnachtlicher Duft kommt durch das Schlüsselloch. Doch auf geht die Tür erst, wenn drinnen alles fertig ist. Warten ist schwer. Darum gibt es Türchen im Advent. An jedem Tag im Dezember eine, bis zum 24. Die Hersteller von Adventskalendern lassen sich dabei nicht lumpen, die leckersten Sachen dahinter zu verstecken. „In“ sind inzwischen aber auch selbst hergestellte, mit Dingen drin, die einer nahestehenden Person ganz persönlich guttun sollen. Wer allerdings die Türchen schon früher aufmacht, hat verspielt. Denn Warten-Können ist eine Kunst, die sich einzuüben lohnt.
Ich kann nicht alles gleich bekommen, was ich mir wünsche. Aber irgendwann, so die freudige Hoffnung, wird es mir zuteilwerden, werde ich es in den Händen halten dürfen. So ging es auch der hochschwangeren Maria, als sie endlich das Kind im Stall zu Bethlehem in die Arme nehmen durfte. Das Kind, dieses einzigartige Geschenk, das Gott unserer Welt gab, „als die Zeit erfüllt war“ (Galater 4,4). Hoffentlich hinter einer Tür, die die Kälte der Welt nicht zum Zuge kommen ließ. Die sollte dem Kind erst später schwer zu schaffen machen.
Und dann standen Menschen vor der Tür. Zuerst die Hirten mit ihrer Sehnsucht nach etwas mehr Lebensqualität, vielleicht auch mit so manchem Dreck am Stecken. Dann die Weisen aus dem Morgenland mit ihren Gaben für den neugeborenen
König, den sie in diesem Kind erkannten. Sie alle wurden hereingelassen und durften das Heil, das von diesem Kinde ausgeht, erspüren.
Auch in diesem Jahr warten wir wieder auf den Moment am Heiligabend, an dem wir mit den „himmlischen Heeren“ singen: „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit.“ Es ist einer der Momente im Jahreskreis, an dem unsere Herzenstüren weit aufgehen. Mit allem, was sich das Jahr über an Freud und Leid angesammelt hat, mit allem, was uns tief im Inneren bewegt, was uns an schönen Erfahrungen erfüllt, aber auch, was uns zu schaffen macht, beunruhigt und beschwert. An der Krippe ist es gut aufgehoben. Denn in dem Kind in der Krippe bekommen wir Gottes einzigartige Liebe
zu Gesicht, die uns freundlich zugewandt entgegenstrahlt.
Bis dahin werden wir noch vor so mancher Tür stehen und warten. Was sich dahinter zeigt, wissen wir oft nicht genau, wie bei den Türen vom Adventskalender. Die Tür am 24. aber, die letzte, hält hinter sich etwas Wunderbares bereit, für diese Zeit und für die Ewigkeit.
In dieser Hoffnung des Glaubens grüße ich
Sie und Euch ganz herzlich
Ihr/Euer Pastor Michael Otto